Nicht in die Vollmachts-Falle tappen

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02. März 2018

Dr. Susanne Hirsmüller, Angelika Fröhling, Sara Ristau (v.l.)

Frau Müller und ihr Neffe Tim wurden an dem Abend oft bemüht. Aber die beiden erfundenen Beispielpersonen leisteten gute Dienste bei der Veranschaulichung eines komplizierten Themas. Unter dem Motto „Alles geregelt?!“ informierten VorsorgeAnwältin Sara Ristau und Dr. Susanne Hirsmüller, Leiterin des Hospizes am evangelischen Krankenhaus Düsseldorf (EVK), im Stiftssaal von St. Margareta darüber, was man aus rechtlicher und medizinischer Sicht besser beizeiten regelt, bevor man sich möglicherweise nicht mehr äußern oder aufgrund einer Demenzerkrankung vielleicht nicht mehr selbst entscheiden kann.

Barbara Krug von der Bürgerstiftung Gerricus moderierte den Abend.

Bürgerstiftung Gerricus, Ökumenische Hospizgruppe Gerresheim und die evangelische Stiftung Gerresheim Gemeinsam hatten Anfang Januar einen Vorsorgeordner mit allen wichtigen Vordrucken zum Thema Lebensende herausgegeben. Schnell wurden ihnen die Ordner aus der Hand gerissen. „Das zeigt, wie wichtig den Menschen das Thema ‚Vorsorge fürs Lebensende treffen‘ ist“, sagt Barbara Krug, Palliativfachfrau und Mitherausgeberin des Ordners. „Wir merken aber auch, dass zum Ausfüllen der Dokumente eine fachkundige Beratung sehr sinnvoll ist“, ergänzt Krug, die sich ehrenamtlich für die Bürgerstiftung Gerricus einsetzt. Deshalb luden die drei Gerresheimer Organisationen gemeinsam mit dem ASG-Bildungsforum und katholische Kirchengemeinde St. Margareta am Mittwoch zu einem Informationsabend ein. Und auch hier war das Interesse wieder sehr hoch: Etwa 100 Bürgerinnen und Bürger waren gekommen und stellten bereits während der Erläuterungen von Sara Ristau und Dr. Susanne Hirsmüller viele Fragen.

Was ist der Unterschied zwischen einer Vorsorgevollmacht und einer Betreuungsverfügung? Braucht man beides? Ab wann sind die Dokumente gültig? Was muss man beachten, wenn Immobilien im Spiel sind? Sara Ristau, die Mitglied im VorsorgeAnwalt e.V. ist, berichtete anhand von Beispielen aus ihrem Kanzleialltag, an wen sich welches Dokument richtet und für welche Situation es gedacht ist. Die Fachanwältin für Steuerrecht, die selbst im Familienkreis erlebte, was passiert, wenn keine Vorsorgepapiere vorliegen, und sich nach dieser Erfahrung auch auf das Thema Vorsorge spezialisierte, riet den Zuhörern, sich die Unterschrift auf der Vorsorgevollmacht beglaubigen zu lassen. Dies könne man zum Beispiel kostengünstig bei der Betreuungsstelle für Erwachsene der Stadt Düsseldorf auf der Willi-Becker-Allee machen lassen, so Ristau.

Sie empfahl vor allem, sich gut zu überlegen, wer ein geeigneter Bevollmächtigter sein könne. Der Bevollmächtigte müsse unter Umständen viel Zeit und Energie aufbringen, um wichtige Angelegenheiten für den Vollmachtgeber zu regeln. Zudem stünden mitunter auch schwierige Entscheidungen an, wie z.B. der Umzug in ein Pflegeheim oder der Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen, gab Sara Ristau zu bedenken.

Die Vollmachts-Falle

Damit niemand in die so genannte „Vollmachts-Falle“ tappt, wies Sara Ristau darauf hin, dass Bevollmächtigte unter Umständen auskunfts- und rechenschaftspflichtig seien und bereits bei leichter Fahrlässigkeit haften können. Schon ein Fehler bei der Steuererklärung oder eine zu spät beantragte Pflegestufe könne zu Problemen führen.

Sara Ristau erläuterte den Unterschied zwischen einer Betreuungsverfügung und einer Vorsorgevollmacht.

Auch sollte „Neffe Tim“ besser jeden Einkauf und jede kleine Ausgabe für „Frau Müller“ dokumentieren. Sonst könnten Schadenersatzansprüche gegen ihn bestehen, z.B. bei Erbstreitigkeiten. Eine Lösung könne es deshalb sein, Auskunfts- und Rechenschaftspflichten einzuschränken und die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz zu beschränken“, so Anwältin Ristau.

„Was ist, wenn ich niemanden habe, den ich bevollmächtigen kann?“ – so lautete eine Frage aus dem Publikum. In einem solchen Fall könne eine VorsorgeAnwältin oder ein VorsorgeAnwalt als Bevollmächtigter beauftragt werden, teilte Sara Ristau mit. Diese Möglichkeit werde immer mehr wahrgenommen, beispielsweise von Singles oder Paaren ohne Kinder.

Rund 100 Zuhörer waren zum Vortrag „Alles geregelt?!“ gekommen.

Dr. Susanne Hirsmüller, die sich neben ihrer Tätigkeit am EVK ehrenamtlich im Vorstand der Ökumenischen Hospizgruppe Gerresheim engagiert, ging bei dem Informationsabend auf die Patientenverfügung ein. Zunächst nahm sie Zuhörern die Angst vor vermeintlich zu früh getroffenen Entscheidungen: „Wenn Sie jung und gesund sind, bleibt die Patientenverfügung natürlich in der Schublade.“ Die Patientenverfügung, also das Schriftstück für den behandelnden Arzt, sei u.a. für die Sterbephase, für den Fall einer Hirnschädigung oder einer fortgeschrittenen Demenz gedacht.

Dr. Susanne Hirsmüller klärte über die Patientenverfügung auf.

Dabei klärte Dr. Susanne Hirsmüller auf, dass zu den lebensverlängernden Maßnahmen aus medizinischer Sicht nicht nur Beatmung und künstliche Ernährung, sondern auch der Einsatz von Antibiotika und Blutkonserven zählt. „Es ist schon heikel, für sich selbst zu entscheiden, wann man welche Behandlung noch für sich selbst wünscht und wann nicht“, betonte die Hospizleiterin. Noch viel schwieriger sei es jedoch, für jemand anderen zu entscheiden. Aber Hirsmüller stellte auch klar: „Wenn es dem Willen des Patienten entspricht, muss auch eine bereits begonnene Beatmung wieder abgestellt werden.“ Dies sei keine Sterbehilfe, sondern die rechtliche Umsetzung des Patientenwillens. Dr. Susanne Hirsmüller riet deshalb dazu, z.B. im Portemonnaie einen Zettel bei sich zu tragen, auf dem vermerkt sei, dass es eine Patientenverfügung gebe und wo diese zu finden sei.